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Auf den Spuren der Römer in Rottweil


Rottweil, die älteste Stadt Baden-Württembergs, repräsentiert beispielhaft zahlreiche römische Grenzprovinzen, deren Entstehung, Entwicklung, Kultur und Alltag nachhaltig vom römischen Einfluss geprägt waren. Im Dominikanermuseum in Rottweil ist die Geschichte des antiken Rottweil mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail aufbereitet worden, sodass das römische Leben zum Greifen nahe erscheint. Der Rundgang durch den römischen Museumsteil bietet Informationen zum Alltagsleben in Rottweil, zu Kultur und Unterhaltung, zu Militär und Eroberungen und zur damit verbundenen Stadtgeschichte. Darüber hinaus beherbergt das Museum das berühmte Orpheus-Mosaik, das auf das Ende des 2. Jh. n. Chr. datiert wird. Ein weiteres Highlight bildet die Sammlung Dursch, eine umfangreiche Sammlung von Heiligenskulpturen und -bildern aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. 


Nachstellung des Forums. Bild: Rebecca Motzer.
Nachstellung des Forums. Bild: Rebecca Motzer.

Vom Militärstützpunkt zur Zivilsiedlung mit römischem Stadtrecht

In den Jahren 73/74 n. Chr. wurde unter Kaiser Vespasian eine Straße vom Rhein (Straßburg) durch den Schwarzwald und das Kinzigtal bis an die Donau bei Tuttlingen gebaut. Da das Land noch weitgehend unbewohnt war, wurden entlang der Straße mehrere Militärstützpunkte (Kastelle) errichtet, welche nach und nach auch Händler, Handwerker und die Familien der Soldaten anzogen. Im Gebiet des heutigen Rottweil, das damals einen wichtigen Kreuzungspunkt von Fernstraßen darstellte, entstanden auf beiden Seiten des Neckars insgesamt fünf Kastelle. Nachdem im frühen 2. Jh. n. Chr. das Militär abgezogen wurde, blieb die Zivilsiedlung mit dem Namen areae flaviae (=flavische Altäre) übrig. Die Verleihung des römischen Stadtrechts an Rottweil bezeugt die Nennung auf einer hölzernen Schreibtafel. Rottweil ist die einzige Siedlung im heutigen Baden-Württemberg, der dieses Recht verliehen wurde. Die Stadt verfügte über alle entscheidenden Gebäude der Zeit: Forum, Basilika, Tempel, Bäder, ein Theater, Friedhöfe. In Teilen ist diese Architektur bis heute erhalten, sodass Besucher in der Rottweiler Altstadt beispielsweise das Römerbad bestaunen können, wo die erstaunlich gut erhaltenen Überreste einer römischen Badanlage mit Informationstafeln versehen sind. Ab dem Jahr 230 n. Chr. und besonders ab 260 n. Chr. wurde areae flaviae von den Germaneneinfällen stark getroffen, wodurch einige Gebäude zerstört wurden oder nach und nach verfielen. Die heutige Rottweiler Innenstadt wurde im 12. Jahrhundert angelegt und befindet sich etwa drei Kilometer von der Altstadt entfernt.

 

Das Orpheus-Mosaik in Rottweil. Bild: Rebecca Motzer.
Das Orpheus-Mosaik in Rottweil. Bild: Rebecca Motzer.

Ausgrabungen in Rottweil und das Orpheus-Mosaik

Das Orpheus-Mosaik, das im Dominikanermuseum bestaunt werden kann, ist weit über die Stadtgrenzen Rottweils hinaus bekannt. Es stammt aus einer Villa in Rottweil und zeigt in der Mitte Orpheus mit einer Kithara (Saiteninstrument), um ihn herum weitere Bilder mit Wagenlenkern und Jagdszenen. Das Mosaik steht symbolisch für die Überlegenheit des Menschen gegenüber der Natur und war gleichzeitig ein Prestigeobjekt: Es brachte dem Besitzer der Orpheus-Villa einen guten Ruf als gebildeter und bedeutender Römer ein.

 

Im Jahr 1784 wurde bei der ersten Ausgrabung in Rottweil das Sol-Mosaik, 1834 dann das Orpheus-Mosaik gefunden. 1950 entdeckten Archäologen in einem Brunnen das Schreibtäfelchen, das die Verleihung des römischen Stadtrechts an Rottweil dokumentiert. Aufgrund dieser erfolgreichen Grabungen werden in Rottweil seit 1967 regelmäßig weitere Ausgrabungen durchgeführt, weswegen Rottweil eine der am besten erforschten römischen Siedlungen ist.

 

Geschichte erleben

Die durch zahlreiche Ausgrabungen entdeckten Inschriften und Überreste machen die antike Siedlung in der Ausstellung besonders greifbar und begeistern durch ihre Zugänglichkeit. Auch der Aufbau einzelner Stationen, wie etwa das Forum für den Handel und die Theatersitzbank, bringt den Museumsbesucher*innen die römische Lebenswelt näher. Um eine Einordnung in den zeitlichen Kontext und die räumliche Umgebung vornehmen zu können, bieten alle Informationstafeln eine kleine Karte mit einem Lageplan innerhalb der Stadt sowie eine kurze Skizze des historischen Rahmens. Faszinierend ist beispielsweise die Erklärung der Funktionsweise einer römischen Fußbodenheizung in Verbindung mit einem tatsächlich aus Rottweil stammenden Modell. Auch findet sich im Museum ein großes Wasserbecken (Labrum), das 1898 ausgegraben und offenbar während seiner Nutzungszeit aus einem Bad im Kastell in das Bad der Zivilstadt transportiert wurde.

 

Das Museum bietet zusätzlich zum umfangreichen Anschauungsmaterial auch Geschichte zum Anfassen: Besucher*innen dürfen auf einem Sattel probesitzen und eine Rüstung sowie Alltagskleidung anprobieren. Weiterhin gibt es digitale Angebote, zum Beispiel einen kurzen Informationsfilm zum Römischen Reich oder einen Touchscreen zur wichtigsten Schreibtafel der Rottweiler Stadtgeschichte sowie ein digitales Museumsspiel, um einen Tag aus der Sicht eines Einwohners zu erleben.

 

Verschiedene Marienskulpturen aus der Sammlung Dursch. Bild: Rebecca Motzer.
Verschiedene Marienskulpturen aus der Sammlung Dursch. Bild: Rebecca Motzer.

Die Sammlung Dursch – Sakrale Kunst des Mittelalters

Neben der Ausstellung zum antiken Rottweil bildet die Sammlung Dursch ein weiteres Highlight des Dominikanermuseums. Johann Georg Martin Dursch war Stadtpfarrer in Rottweil. Er studierte Theologie und Philosophie, erlernte Sanskrit und Arabisch und erwarb zahlreiche sakrale Kunstwerke, die er zu einer gut dokumentierten Sammlung ausbaute. Seine Sammlung wurde von Wilhelm I. von Württemberg erworben und 1851 der Stadt Rottweil geschenkt. Sie zog 1992 von der Lorenzkapelle ins neu errichtete Dominikanermuseum um. Besucher*innen finden hier zahlreiche Heiligenskulpturen und Tafelbilder sowie Reliefs, allesamt aus dem weiteren Umkreis Rottweils (Kreis Konstanz, Oberschwaben, Schwäbische Alb). Die Kunstwerke liefern eindrucksvolle Zeugnisse über die Rolle der Frömmigkeit im späten Mittelalter bis in die frühe Neuzeit. Besonders auffällig und ansprechend ist die emotionale Komponente der Ausstellung, die 2019 überarbeitet wurde. Sie veranschaulicht, dass die Kunstwerke für die Menschen der damaligen Zeit auch auf persönlicher Ebene von großer Bedeutung für ihren Glauben und ihre Lebenswelt waren.

 

Ein Beitrag von Rebecca Motzer


Daten im Überblick (externe Links, letzter Zugriff am 20.10.2020)

 

Informationen zu aktuellen Veranstaltungen und Ausstellungen gibt es auf der Homepage des Museums: http://dominikanermuseum.de

 

Die Römer haben vielerorts Spuren hinterlassen, die in Rottweil bis heute deutlich erkennbar sind. Im April 2020 wurde der Römerpfad eingeweiht, der durch die Altstadt führt und mit Schau- und Informationstafeln versehen ist. Alle wichtigen Details sowie einen Flyer zum Download gibt es auf der Homepage der Stadt Rottweil:

https://www.rottweil.de/de/Kultur-Tourismus/Sehens-Erlebenswertes/Museen/Roemerpfad-Rottweil-Altstadt.


Der Bericht basiert auf den Texttafeln der Ausstellung. Alle Angaben ohne Gewähr.


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