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Drei Jubiläen, eine Ausstellung: Jahresausstellung „Troia, Schliemann und Tübingen“ im Museum der Universität


Mit Brad Pitt und Diane Kruger wurde die Sage um die Stadt Troja auf der Kinoleinwand weltberühmt. Viele wissen dabei jedoch weniger über das historische Troia: Im MUT geben gleich zwei Jubiläen - der 25. Geburtstag der Abteilung „Alte Kulturen“ des Museums der Universität Tübingen (MUT) und der 200. Geburtstag des Troia-Ausgräbers Heinrich Schliemann - Anlass zu einer Sonderausstellung im Rittersaal über die archäologischen Funde. 


Ausstellungsraum im MUT. Bild: (C) MUT.
Ausstellungsraum im MUT. Bild: (C) MUT.

Hierbei stehen, wie der Titel der Ausstellung bereits verrät, Troia und der Mythos, der sich um dieses rankt, sowie die Person Schliemann und seine Grabungstätigkeiten im Vordergrund. Aber nicht nur das, denn das Besondere dieser Ausstellung ist ein drittes Jubiläum, welches sich anschließt und einen Bogen zwischen Troia und Tübingen schlägt: Das seit 35 Jahren bestehenden Troia-Forschungsprojekt der Universität Tübingen. Wohl wenige wissen, dass das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Tübinger Universität schon lange an Grabungen Troias beteiligt ist. Unter der Leitung von Manfred Korfmann begann man mit Vorarbeiten bereits 1987, denen dann jährliche Ausgrabungen bis 2012 folgten.[1]

 

Des Weiteren stellt auch der reiche Bestand an Troia-Originalen, der in der archäologischen Sammlung der Universität Tübingen vorhanden ist, einen direkten Bezug zwischen Tübingen und Troia her. Ergänzt wird die Ausstellung außerdem durch externe Leihgaben, zahlreiche Objekte weiterer Sammlungen der Universität, sowie auch durch Dokumente, Fotografien, Archivmaterial und Filme. Die Jahresausstellung ist das Ergebnis einer eineinhalbjährigen Vorbereitungszeit und dem Engagement des MUT und Studierenden in zwei zweisemestrigen Praxisseminaren.

 

Weiterer Eindruck aus der Ausstellung. Bild: (C) MUT.
Weiterer Eindruck aus der Ausstellung. Bild: (C) MUT.

Themen:

Wenn man den Rittersaal des MUT betritt, wird man sofort vom Titel der Ausstellung eingefangen. Hier den Überblick oder gar den Faden zu verlieren ist unmöglich, denn alles, was zur Sonderausstellung gehört, erscheint in kräftigem Blau. Von einer blauen Themenbox zur nächsten präsentieren sich die einzelnen Bausteine der Sonderausstellung dem interessierten Publikum. Beginnend mit dem Mythos Troia, der Person Heinrich Schliemann und der Grabungs- und Forschungsgeschichte, eröffnen sich danach Informationen zum Tübinger Troia-Projekt. Es werden Funde zu Landschaft und Architektur, zu Alltag und Handwerk, Handel und Austausch bis hin zu wertvollen Schatzfunden gezeigt und thematisiert. Beispiele für moderne Troia-Rezeption und für ‚Troia-Trash‘, der aus dem Antiken-Mythos entstand, schließen die Ausstellung ab. So wird im Rittersaal ein vielfältiges Spektrum rund um die drei Schlagworte des Ausstellungstitels – Troia, Schliemann und Tübingen – geboten.

 

Lohnt sich ein Besuch?

Die Ausstellung besticht mit einem gut durchdachten und ansehnlich gestalteten Konzept, ihrer Themenvielfalt und Besucherfreundlichkeit sowie der multimedialen Gestaltung. 

 

Dennoch – manch eine*r mag von der Größe der Ausstellung enttäuscht sein oder eine kritische Beleuchtung der Person Schliemanns und seines ganz persönlichen Troia-Mythos vermissen. Es ist schade, dass Heinrich Schliemann in der Ausstellung so wenig kritische Betrachtung erfährt, war seine Person schließlich doch eng mit gerade aktuellen Themen wie Kolonialismus, ‚Gold Rush‘ oder Russland verknüpft.[2] Auch die Frage, inwieweit Schliemann überhaupt den Titel als Entdecker Troias verdient hat, wird nicht aufgeworfen. Dabei spielen doch bei dieser Entdeckung eigentlich drei weitere Namen, nämlich Edward Daniel Clark, Charles MacLaren und allen voran Frank Calvert, eine ausschlaggebende Rolle. [3] Keiner findet in der Ausstellung allerdings Erwähnung.  

 

Ausstellungsplakat; Zum Vergrößern Anklicken. Bild: (C) MUT.
Ausstellungsplakat; Zum Vergrößern Anklicken. Bild: (C) MUT.

Allerdings darf man die Jahresausstellung nicht isoliert betrachten, denn zu dieser gehört ein umfangreiches Rahmenprogramm mit zahlreichen Teilprojekten:

Für Kinder findet die Mitmach-Ausstellung „Troia for Kids“ statt. Hier lädt eine Entdeckerwerkstatt im Kabinettraum des Schlosses und ein Quiz, welches sich auch durch den Rittersaal zieht, Kinder ein, sich spielerisch der Thematik anzunähern.

Des Weiteren greift eine internationale wissenschaftliche Vortragsreihe aktuelle Forschungsfragen rund um Troia auf. Hierbei kommen nicht nur renommierte Archäolog*innen, Fachwissenschaftler*innen, Grabungsleiter*innen und Museumsfachleute aus Tübingen zu Wort, sondern auch internationale Gäste aus Athen, Izmir, London/Cambridge, Philadelphia und Prag[4].

 

Außerdem ist eine sich stetig weiterentwickelnde Online-Ausstellung „Schliemann – Troia – 360°. Eine 360° Ausstellung besonderer Art“ abrufbar. Hier werden die Vorstellungen, Skizzen und Entwürfe der Studierenden und des Szenografen einmalig und unverfälscht eingefangen, was einen exklusiven Einblick in die Ausstellungskonzeption bietet. Abgerundet wird das Gesamtprojekt durch zahlreiche begleitende Führungen und Workshops für Alt und Jung (siehe unten bei "Daten im Überblick" für weitere Informationen).

 

Kurz um: Ja!

Die Ausstellung bietet einen kompakten, besucherfreundlichen Überblick über das Thema Troia. Die Besonderheit dieses Projekts liegt vor allem in der Fokussierung auf die Verbindung Troia – Tübingen, sowie in den Teilprojekten des Rahmenprogramms, womit insgesamt eine hervorragende Verknüpfung von Forschung, Lehre und Bildungsauftrag gelingt.

Ein Besuch ist in jedem Fall lohnend, vor allem, weil man dies mit einem Spaziergang durch die Altstadt Tübingens hinauf zum Schloss Hohentübingen und mit einer Besichtigung des MUT insgesamt verbinden kann. 

 

Ein Beitrag von Rosaly Mäule


Daten im Überblick:

Name: Sonderausstellung „Troia, Schliemann und Tübingen“ und „Troia for Kids“ im Rittersaal des Museum Alte Kulturen der Universität Tübingen/MUT

Öffnungszeiten: Mi. bis So.: 10 bis 17 Uhr, Do.: 10 bis 19 Uhr

Laufzeit der Ausstellungen: 28. Oktober 2022 bis 16. April 2023

Adresse: Schloss Hohentübingen, Burgsteige 11, 72070 Tübingen

Anfahrt: Mit dem Bus z. B. Neckarbrücke oder Nonnenhaus aussteigen und dann zu Fuß durch die Altstadt zum Schloss laufen. Mit dem Auto kann man bis vor das Schlosstor fahren.

Eintritt: Erwachsene 5 €, Ermäßigt 3 €, Familienkarte 12 €. Für Tübinger Studierende ist der Eintritt kostenlos.

Führungen: Führungen für Gruppen: 50 (1 Stunde) oder 70 (1,5 Stunden) + Eintritt Schulklassen: 50 (1 Stunde) oder 70 (1,5 Stunden), Eintritt kostenlos.

Workshops: Workshops für Gruppen und Schulklassen: 70 (1,5 Stunden) + Eintritt Schulklassen: 70 (1,5 Stunden), Eintritt kostenlos.

Vortragsreihe: Donnerstags um 19 Uhr, Rittersaal MUT (Schloss Hohentübingen), Eintritt kostenlos (siehe Veranstaltungskalender).

Homepage: 

https://www.unimuseum.uni-tuebingen.de/de/ausstellungen/sonderausstellungen/troia-schliemann-und-tuebingen (09.01.2023). 

Link zur Online-Ausstellung:

https://kuula.co/share/collection/7kHtf?logo=1&info=0&logosize=162&fs=1&vr=1&zoom=1&thumbs=3&margin=0&inst=de (09.01.2023)


Zum Verfassen dieser Rezension wurden verwendet:

-          Broschüre zur Ausstellung:

https://www.unimuseum.uni-tuebingen.de/fileadmin/content/01_Ausstellungen/01_Sonderausstellungen/Troia_Schliemann_und_Tuebingen/Broschuere_Troia_2.pdf (09.01.2023).

-          Homepage des Instituts für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters:

https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/philosophische-fakultaet/fachbereiche/altertums-und-kunstwissenschaften/ur-und-fruehgeschichte-und-archaeologie-des-mittelalters/abteilungen/juengere-urgeschichte/forschungsprojekte/aktuelle-forschungsprojekte/troia-1/ (09.01.2023).

-          Homepage des Museums (MUT):
https://www.unimuseum.uni-tuebingen.de/de/ausstellungen/sonderausstellungen/troia-schliemann-und-tuebingen (09.01.2023).

-          Grothe, S.: Vorarbeit. Schliemann suchte Troja zuerst an völlig falscher Stelle. Auf die richtige Spur brachte ihn erst ein anderer Hobbyarchäologe. In: ZEIT Geschichte 6 (2021), 55–59.

-          Mohr, J.: Karriere. In Russland stieg Heinrich Schliemann zu einem der reichsten Männer seiner Zeit auf. Doch nicht alles in seiner Biographie ist wahr. In: ZEIT Geschichte 6 (2021), 14–20.

 

Fußnoten: 

[1] Vgl. Homepage des Forschungsprojekts Troia der Universität Tübingen: https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/philosophische-fakultaet/fachbereiche/altertums-und-kunstwissenschaften/ur-und-fruehgeschichte-und-archaeologie-des-mittelalters/abteilungen/juengere-urgeschichte/forschungsprojekte/aktuelle-forschungsprojekte/troia-1/ (09.01.2023).

[2] Vgl. Mohr, J.: Karriere. In Russland stieg Heinrich Schliemann zu einem der reichsten Männer seiner Zeit auf. Doch nicht alles in seiner Biographie ist wahr. In: ZEIT Geschichte 6 (2021), 19 f.

[3] Vgl. Grothe, S.: Vorarbeit. Schliemann suchte Troja zuerst an völlig falscher Stelle. Auf die richtige Spur brachte ihn erst ein anderer Hobbyarchäologe. In: ZEIT Geschichte 6 (2021), 56–58.

[4] Vgl. Vortragsflyer zu „Troia, Schliemann und Tübingen“: https://www.unimuseum.uni-tuebingen.de/fileadmin/content/01_Ausstellungen/01_Sonderausstellungen/Troia_Schliemann_und_Tuebingen/Vortragsflyer.pdf (09.01.2023). 

 

Bilder:

Mit freundlicher Genehmigung des Museums der Universität Tübingen (MUT).

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